Corona ist eine Lüge. Masken raubt mir meine Freiheit. Gib Gäts keine Chance. Denkpflicht
statt Maskenpflicht. Nein zum Impfzwang. An solchen Aussagen erkenne ich 2020-2021 einen
typischen Corona-Leugner. Wir alle wissen, dass diese Aussagen sinnlos sind und vertrauen
auf die Experten und hören auf die Fakten. Aber für einen Corona-Leugner gilt das nicht.
Denn seine Meinung ist und bleibt für ihn die einzig Richtige.
Nach solchen Aussagen stellt man sich die Frage, wie gedankenlos und ignorant kann
jemand überhaupt sein. Aber man vergisst doch einen wichtigen Faktor.
Der Corona-Leugner ist nicht allein. Er ist Teil einer großen Gruppe.
Vielleicht liegt es gar nicht an Corona-Leugner selbst, sondern der dahinterstehende Gruppenprozess
spielt eine wichtige Rolle.
Hm, aber so ganz klar beantworten kann ich mir das selbst nicht.
Keine Sorge, ich kann dir da weiterhelfen. Ich bin der Sozialpsychologe Irving L. Janis.
Wir sind uns beide bestimmt einig, dass Corona-Leugner als Gruppe schlechte Entscheidungen treffen.
In den 70er Jahren habe ich mir bereits erste Gedanken darüber gemacht und 1972 habe ich
ein Modell dazu entwickelt, wieso so oft schlechte Entscheidungen in Gruppen getroffen werden.
Damals habe ich einige folgenreiche politische Entscheidungen analysiert.
Unter anderem Kennedys Entscheidung, die zum Schweinebuch-Dilemma geführt hat und das
Eingreifen der USA in den Vietnamkrieg.
Was alle Ereignisse gemeinsam hatten, war ihr Ende in einem Fiasco und das Auftreten des
Phänomens Groupthink, zu Deutsch Gruppendenken.
Bei diesem Vorgang erscheint die Koalition, also der Zusammenhalt der Gruppe, wichtiger
als die Beachtung realer Fakten.
Koalition ist der Grad, in dem Mitglieder ihre Mitgliedschaft in der Gruppe schätzen und
weiterhin verbunden sein wollen.
Je höher das Zusammengehörigkeitsgefühl in einer Gruppe, desto wahrscheinlicher ist Groupthink.
Die Koalition ist eine von acht Vorbedingungen, die das Phänomen Vorhersagen und meiner
Meinung nach die wichtigste.
Die anderen sieben werden aufgeteilt in kontextuelle und strukturelle Kategorien.
Zu den kontextuellen Vorbedingungen gehören Stress, hoher Druck, fehlender Optimismus
auf eine bessere Lösung und fehlendes Selbstwertgefühl.
Und zu den strukturellen Vorbedingungen gehören die Isolation der Gruppe von externe Informationsquellen,
der Mangel an einem bestimmten methodischen Vorgehen, die Homogenität der Gruppe – damit
meine ich das Übereinstimmen vieler Ideologien der Gruppenmitglieder – und die letzte Vorbedingung
ist die Art des Gruppenleiters.
Damit meine ich eine parteiische und autoritäre Gruppenführung.
Ich benutze aber lieber den englischen Begriff Directive Leadership.
Handelt es sich also eher um einen Directive Leader, so kann es dazu kommen, dass sich
die Gruppenmitglieder dem Gruppenleiter anpassen.
Versucht ein Gruppenmitglied, sich diesem Standpunkt entgegenzustellen, so wird es von
den anderen negativ angesehen.
Wenn genug Vorbedingungen erfüllt werden, kann eine Gruppe quasi in Groupthink erkranken.
Folgende Symptome sind typisch für das Krankheitsbild Groupthink.
Zur Übersichtlichkeit habe ich sie in drei Untergruppen eingeteilt.
Beim ersten Typ überschätzt sich die Gruppe durch die Illusion der Unverwundbarkeit und
durch den Glauben an die überlegene Moral der Gruppe.
Beim Typ 2 geht es um die Voreingenommenheit der Gruppe.
Das zeichnet sich durch die kollektive Rechtfertigung der Gruppenziele aus.
Außerdem entwickeln die Gruppenmitglieder Stereotype über andere externe Gruppen.
Als letztes gibt es den Typ 3, den Konformitätsdruck, der auf Gruppenmitglieder ausgeübt wird.
Dabei zensieren sich die Mitglieder selbst, also sprechen viele einige Gedanken nicht
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:08:35 Min
Aufnahmedatum
2021-07-13
Hochgeladen am
2021-07-13 12:36:06
Sprache
de-DE
Dieses Video wurde von Studierenden im Seminar Sozialpsychologie erstellt.
Urheber*innen:
Seyma Gedik
Franziska Post
Jasmin Hmaidi
Carolin Möller
Renata Paramonov